
Erklärung zur Verschiebung der Folgetermine nach der Premiere der neuen Produktion von Overhead Project
Köln 13. November 2025
Im Anschluss der Premiere der neuen Produktion von Overhead Project im Ringlokschuppen Ruhr am 7. November 2025 wurde ein persönliches Statement einer Performerin der Kompanie zum Nahost Konflikt verlesen. Das Statement ist inhaltlich weder in Absprache mit der Kompanie, dem Ringlokschuppen oder den Koproduktionspartner:innen verfasst worden und repräsentiert nicht deren Standpunkte.
Am nächsten Tag folgte die Absage der zweiten Vorstellung durch den Ringlokschuppen mit einer offiziellen Erklärung.Die Performerin hatte angekündigt ihr Statement auf jeder Bühne, die sie betritt zu wiederholen. Dialogangebote von Seiten des Theaters und der Kompanie über mögliche andere Formen der Äußerung wurden im Vorhinein von Seite der Performerin abgelehnt.
Die Kompanie hat sich im Anschluss fachliche Einschätzung zu dem an diesem Abend verlesenen Statement sowie zur Gesamtsituation eingeholt.
Nach verschiedenen Beratungen und fachlichen Einschätzungen des verlesenen Statements durch mehrere Stellen wie u.a. Diversity Arts Culture Berlin (Beratungsstelle Antidiskriminierung), NS-DOK Köln (Fachstelle Antisemitismus), und den Fachverband der Darstellenden Künste in NRW, haben wir entschieden, dass es nun zuallererst Zeit für eine Deeskalation der Situation braucht und ein weiteres Handeln unter Zeitdruck von Seiten der Kompanie oder der kommenden Gastspieltheater nur zur weiteren Verschärfung der Situation führen würde.
Daher hat die Kompanie entschieden, im Einvernehmen mit den Gastspiel-Theatern, die dieses Jahr noch anstehenden Tourtermine mit dieser Produktion auf nächstes Jahr zu verschieben und der Performerin von Seite der Kompanie ein Mediationsangebot zu machen, um nach einem Weg zu suchen, der sicherstellt, dass die Werte und Grundüberzeugungen der beteiligten Parteien gewahrt werden.
Wir arbeiten weiter aktiv auf einen Dialog mit allen Beteiligten hin.
Kontext und Haltung der Kompanie
Fast zwei Jahre nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Einmarsch der israelischen Armee in Gaza eskaliert der gewaltsame Konflikt weiter. Das Leid der Zivilist:innen in Palästina und Israel löst weltweite Reaktionen aus, der aktuelle Diskurs dazu ist in Deutschland polarisiert und verhärtet. Im Strudel der Entrüstung kommt es zu politischen Spaltungen, die die notwendige Empathie für die Betroffenen und die Komplexität des Diskurses oftmals in den Hintergrund rücken oder unmöglich machen. In einer aufgeheizten öffentlichen Stimmung erleben wir täglich wachsenden Antisemitismus und Rassismus.
Solche diskursiven Dynamiken und das Bedürfnis nach Positionierung zeigen sich auch in der Kunst- und Kulturszene und sie macht auch vor dem Kompanieteam mit einer Vielzahl an Individuen, die unterschiedlich betroffen sind nicht halt.
Unsere Aufgabe als Kompanie sehen wir darin, einen gemeinsamen Common Ground für Formate des Austausches zu finden. Dafür braucht es Dialog – er ist für uns die Grundlage von Zusammenarbeit, auch im internationalen Kontext.
Gerade jetzt gilt es, unterschiedliche Positionen auszuhalten und sie zum Ausgangspunkt von Austausch und Auseinandersetzung zu machen – als Ausdruck demokratischer Kunst- und Meinungsfreiheit. Dies kann allerdings im Einzelfall auch in Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht von Betroffenen geraten. Denn weder Meinungsfreiheit noch Persönlichkeitsrecht stehen isoliert für sich, sondern müssen in der je konkreten Situation betrachtet und miteinander in Einklang gebracht werden. So kann beispielsweise die Meinungsäußerung einer Person zwar grundsätzlich von der Meinungsfreiheit geschützt sein, jedoch in der konkreten Wortwahl unter Umständen zugleich auch diskriminierend oder persönlichkeitsrechtsverletzend für eine andere Person sein.
Wie kann es gelingen Meinungen so zu äußern und zu hören, dass das Dialogfenster offen bleibt und nicht durch potentielle Diskriminierungen oder Verletzungen verhindert wird?
Die Kompanie sieht sich in der Verantwortung, die Balance zwischen Ambiguitätstoleranz und klaren roten Linien kontinuierlich neu auszutarieren und den Dialog als Grundlage ihres Handelns unter diesen Prämissen ins Zentrum zu stellen.
--
Zur offiziellen Erklärung des Ringlokschuppen Ruhr: https://www.ringlokschuppen.ruhr/archiv/spielzeit-2025-2026/eigen-koproduktionen-25-26/beasts-bodies



















